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Wie finanzieren?

Die Gründung ist vollbracht, doch wie kommt die neue Genossenschaft nun zu Geld, um ihr Projekt zu verwirklichen? Auch ein kleines Bauvorhaben kostet rasch einmal Millionenbeträge, die eine junge Genossenschaft leer schlucken lassen. Denn gemeinnützige Bauträger können nicht billiger bauen als gewinnorientierte Gesellschaften. Im Gegenteil, oft investieren sie sogar mehr, weil sie Wert auf Nachhaltigkeit und ökologisch einwandfreie Materialien legen.

Bei der Finanzierung allerdings haben Baugenossenschaften einige Startvorteile: Erstens können sie von der öffentlichen Wohnraumförderung profitieren, und zweitens hat die Genossenschaftsbewegung selbst Finanzierungsinstrumente für gemeinnützige Wohnbauträger geschaffen.

Deshalb gilt: Nicht den Mut verlieren! Ein Genossenschaftsprojekt, das wirtschaftlich vernünftig ist, kann in der Regel auch finanziert werden.

Zur Finanzierung stehen folgende Quellen zur Verfügung:

Banken
Auch bei genossenschaftlichen Bauprojekten sind Banken meist die Hauptkapitalgeber. Grundsätzlich entscheidet man zwischen variablen Hypotheken, die je nach Markt (und politischem Wind) steigen oder sinken, und festen Hypotheken, die über eine bestimmte Laufzeit einen festen Zinssatz festlegen. Inzwischen haben die Banken eine Vielzahl weiterer Finanzierungsmittel mit unterschiedlichem Zinsrisiko im Angebot, etwa Libor (London Interbank Offered Rates)-Hypotheken, die sich aus dem Libor-Satz und einem festen Zuschlag der Bank zusammensetzen und je nach Vertragsvereinbarung periodisch neu festgelegt werden. In der Regel ändert der Zinssatz sehr kurzfristig.
Tipp: Die Wahl der richtigen Hypothekarstrategie, die Abwägung der Risiken und die aktive Bewirtschaftung der Darlehen erfordert professionelles Know-how. Laien sollten sich auf jeden Fall beraten lassen.

Finanzierungsinstrumente für gemeinnützige Wohnbauträger
Speziell für gemeinnützige Wohnbauträger stehen folgende Finanzierungsinstrumente zur Verfügung. Eine Übersicht findet sich auch hier.

Fonds de Roulement (FdR): Der Fonds de Roulement wird vom Bund gespiesen und von den zwei Dachverbänden des gemeinnützigen Wohnungsbaus treuhänderisch verwaltet. Daraus stellen die Verbände den Baugenossenschaften zinsgünstige Darlehen für die Erstellung, Erneuerung und den Kauf von preisgünstigen Mietobjekten zur Verfügung. Diese Gelder dienen der Restfinanzierung von Projekten. Alle Gesuche werden einer technischen Prüfung gemäss Wohnungs-Bewertungs-System WBS unterzogen. Details zu den Bedingungen für die Beantragung von Darlehen finden sich im Merkblatt 2 des Wohnraumförderungsgesetzes des Bundesamts für Wohnungswesen.
Mehr Informationen zum Fonds de Roulement sowie das Antragsformular finden Sie beim Bundesamt für Wohnungswesen.

Stiftung Solidaritätsfonds von Wohnbaugenossenschaften Schweiz: Der Solidaritätsfonds ist ein eigener Fonds von Wohnbaugenossenschaften Schweiz, der vor allem durch freiwillige Beiträge der Mitgliedsgenossenschaften (in der Regel pro Wohnung und Jahr zehn Franken) gespeist wird. Die Finanzierungsbedingungen sind ähnlich wie beim Fonds de Roulement, der Stiftungsrat ist allerdings etwas freier und kann auch Projekte finanzieren, die nicht alle Bedingungen des FdR erfüllen.

Stiftung Solinvest: Die Stiftung Solinvest ist das jüngste Finanzierungsinstrument für gemeinnützige Wohnbauträger. Sie wurde 2008 von Wohnbaugenossenschaften Schweiz und der Stiftung Solidaritätsfonds gegründet, mit dem Ziel, den Erwerb, Bau und Erhalt von Wohnraum durch gemeinnützige Wohnbauträger zu fördern und so deren Wohnungsbestand zu erhöhen. Die Stiftung kann sich an Baugenossenschaften und anderen gemeinnützigen Wohnbauträgern mit Eigenkapital beteiligen und Anteilscheine oder Aktienkapital zeichnen. 

Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW): Die EGW hat das Ziel, gemeinnützigen Wohnbauträgern über Obligationsanleihen einen direkten Zugang zum Kapitalmarkt zu verschaffen. Sie klärt bei ihren Mitgliedern periodisch den Kapitalbedarf ab und bündelt diesen zu einer Anleihe. Die Kriterien für die Beteiligung an einer Anleihe finden sich hier. Auch für die EGW-Finanzierung gelten die Vorgaben des Bundes.

Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaft schweizerischer Bau- und Wohngenossenschaften (HBG): Auch die HBG ist eine Genossenschaft, die ihre Mitglieder bei der Finanzierung von Projekten unterstützt, und zwar indem sie nachrangige Hypotheken verbürgt. Interessant ist dies vor allem für junge, finanzschwache Genossenschaften, die dadurch Hypotheken über den üblichen Rahmen hinaus beziehen und dank der Bürgschaft von tieferen Kreditzinsen profitieren können.

Eigenmittel
Auch wenn alle Finanzierungsmittel voll ausgeschöpft sind, geht es natürlich nicht ohne Eigenkapital. Idealerweise lässt sich ein Projekt bis zu 90 Prozent mit Bankhypotheken, Fondsdarlehen und HBG-Bürgschaften finanzieren. Mindestens fünf bis zehn Prozent muss die Genossenschaft selbst aufbringen. Bestehende Baugenossenschaften können Bauprojekte teilweise über selbst erwirtschaftete Mittel, neue Anteilscheine, neue Darlehen, Einlagen in Depositen und/oder Darlehenskassen, Rückstellungen oder Reserven finanzieren. Bei neuen Projekten muss man davon ausgehen, dass jedes Mitglied gegen zehn Prozent des Anlagewerts seiner Wohnung finanzieren muss, in der Regel in Form von Anteilscheinen. Für eine neu erstellte Familienwohnung kann dies bis zu 40'000 oder 50'000 Franken bedeuten. Genossenschaftsmitglieder, die nicht über genügend Kapital verfügen, können diese Gelder  für eine selbst bewohnte Wohnung von ihrer Pensionskasse beziehen. Dies sollte man aber nur tun, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, und dafür sorgen, dass die Gelder rechtzeitig wieder zurückfliessen, weil sonst eine spürbare Rentenkürzung die Folge ist.

Manchmal ist auch die öffentliche Hand bereit, sich mit Anteilscheinen an einer neuen Baugenossenschaft zu beteiligen, insbesondere wenn diese eine Lücke in der Wohnraumversorgung der Gemeinde schliessen kann. Vielleicht gibt es auch solvente Mitglieder, Privatpersonen oder lokale Institutionen, die freiwillig ein langfristiges Darlehen gewähren. Mit solchen Darlehen können Baugenossenschaften ihre Eigenkapitalbasis ergänzen und ihren Mitgliedern eine attraktive Anlagemöglichkeit bieten. Einige Genossenschaften führen deshalb eine eigene Darlehenskasse. Mehr zu dieser Möglichkeit findet sich im (kostenpflichtigen) Merkblatt von Wohnbaugenossenschaften Schweiz.
Tipp: Für die Erhöhung der Eigenmittel sollte man erfinderisch sein und alle möglichen Geldquellen (zum Beispiel auch einen Erbvorbezug) prüfen!